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Santa Cruz Blur im Test: Mit dem Blur will der amerikanische Edel-Hersteller Santa Cruz nach einigen Sabbatjahren wieder im Cross Country-Geschehen mitmischen. Firmentypisch wird hier allerdings wieder alles etwas anders gemacht. 100 mm Federweg und Carbon, wohin das Auge blickt, riecht zwar schwer nach regulärer XC-Feile – das Santa Cruz Blur soll aber auch auf ausgedehnten Trail-Touren mit Fahrspaß bergauf und bergab überzeugen. Ob dem so ist, haben wir getestet!
Dass die Entwicklung des Santa Cruz Blur nicht ganz nach normalen XC-Maßstäben erfolgte, zeigt sich schon darin, dass Santa Cruz das Rad selten als XC-Bike bezeichnet. Stattdessen werden auf der Webseite Umschreibungen wie “fahr schnell, fahr lang”-Bike und ähnliches verwendet. Schon beim Pressecamp konnten wir auf ersten Testfahrten feststellen, dass das Santa Cruz Blur mehr ist als ein reines XC-Bike. Doch wie schlägt es sich gegen die ebenfalls etwas aus der Reihe getanzte Konkurrenz in unserem Down Country-Vergleichstest? Mit 100 mm Federweg an Front und Heck, flachem Cockpit, viel Leichtbau und dem Verzicht auf eine Variostütze sieht das Bike auf dem Papier schon sehr nach Cross Country aus. Hier zeigt sich allerdings, wie schnell der Schein trügen kann, denn dank der ausgewogenen Geometrie und dem spaßigen Fahrwerk avancierte das Blur schnell zu einem Liebling der Tester. Die mittlerweile verfügbare Santa Cruz Blur TR-Version mit 110 mm Federweg und Variostütze war zum Testzeitpunkt leider noch nicht verfügbar, dürfte dem spaßigen Fliegengewicht allerdings ganz hervorragend stehen.
Die Geometrie des Santa Cruz Blur liegt voll im Trend moderner, progressiver XC-Racebikes und geht hier und da sogar einen kleinen Schritt weiter. Mit Reach-Werten zwischen 420 mm und 490 mm bei vier Größen fällt der Hauptrahmen eher lang aus und wird mit einem XC-typisch flachen Stack kombiniert. Auch Lenk- und Sitzwinkel liegen mit 69° und 74° voll in der Norm. Das Tretlager ist um ganze 40 mm abgesenkt, was für eine sichere Fahrposition auch in der Abfahrt sorgen sollte. Mit 432 mm Länge fallen die Kettenstreben für ein 29er mittellang bis kurz aus.
Als Testbike wurde uns die High-End-Version zur Verfügung gestellt: das Santa Cruz Blur CC XX1 mit Reserve-Laufrädern. Wie für einen Preis von 9.399 € (UVP) nicht anders zu erwarten, lässt die Ausstattung kaum Wünsche offen: An der Front arbeitet die bewährte Fox Float 32 Step Cast Factory-Federgabel mit 100 mm Federweg, die am Heck vom passenden Fox Float DPS Factory-Dämpfer komplementiert wird. Beides lässt sich über eine Fernbedienung am Lenker bei voller Fahrt verstellen. Santa Cruz gibt den Rahmen im Übrigen auch für 120 mm Federgabeln frei. Angetrieben wird das Leichtgewicht vom SRAM Eagle 12-fach Antrieb, gestoppt wird mit SRAM Level Ultimate-Bremsen. Die Santa Cruz Reserve-Felgen rollen auf DT Swiss 240s-Naben und stehen über 2,25″ breite Maxxis Aspen TR-Reifen mit dem Untergrund in Kontakt. Das Cockpit besteht aus einer Mischung aus SCB XC Carbon-Flatbar und Syntace LiteForce-Vorbau.
VPP-Hinterbau, viel Carbon, schlanke, runde Formen: Es bräuchte den großen Santa Cruz-Schriftzug auf dem Unterrohr nicht, um zu wissen, aus welcher Schmiede das Blur stammt. Geschmiedet wurde hier allerdings nichts, denn bis auf die schlanken, gefrästen Umlenkhebel ist am Santa Cruz Blur alles aus leichter Kohlefaser. Hauptrahmen und Hinterbau bestehen dabei aus je einem Teil, was sich Santa Cruz zufolge positiv auf die Steifigkeit und Spurtreue des Blurs auswirkt. Mit 2.060 g Rahmengewicht (Größe M, mit Dämpfer, Herstellerangabe) muss sich das Blur nicht vor der Konkurrenz verstecken, wird Gewichtsfetischisten jedoch auch nicht in Ekstase versetzen. Der eher lineare Hinterbau wird mit dem von Santa Cruz bekannten VPP-System angelenkt. Dabei drehen beim Einfedern zwei Umlenkhebel in umgekehrte Richtungen. Während der obere gut sichtbar ist und den unter dem Oberrohr angebrachten Dämpfer anlenkt, ist der untere knapp über dem Tretlager im Hauptrahmen versteckt. Innerhalb des Rahmens werden auch die Kabel und Leitungen geführt. Alle Leitungen? Nein, die Bremsleitung verläuft zur besseren Erreichbarkeit und somit Servicebarkeit auf der Außenseite. Der aufgeräumten Optik tut dies dabei keinen Abbruch. Der Service-Gedanke lag wohl auch der Entscheidung zugrunde, ein geschraubtes BSA-Tretlager statt die billigere und leichtere Pressfit-Variante zu verwenden.
Der Rahmen bietet aufgrund des dicht unter dem Oberrohr platzierten Dämpfers Platz für eine Wasserflasche auf dem Unterrohr sowie eine weitere auf der Unterseite desselben Rohrs (außer beim S-Rahmen). Letztere Position ist zwar nicht ganz ideal, könnte auf langen Touren jedoch äußerst praktisch sein – bei kürzeren Runden kann man darauf verzichten. Die Ketten- und Sattelstrebe werden von einem Gummi-Protektor bedeckt, der diese vor den klirrenden und Lack-zerplatzenden Schlägen der Kette protegiert. Dank gedämpften 1-fach Schaltwerken in allen Konfigurationen ist Kettenschlagen allerdings längst nicht mehr das Problem, das es mal war – insgesamt macht dieser Extra-Schutz das Santa Cruz Blur zu einem sehr leisen Rad. Die Montage eines Umwerfers ist im Übrigen nicht möglich, wohl aber die einer am Tretlager befestigten Kettenführung. Ein Bashguard wäre am XC-Bike vermutlich übertrieben, dafür hat Santa Cruz das Blur mit einem kleinen Gummi-Schoner unter dem Tretlager ausgestattet.
Wir haben das Santa Cruz Blur mit einem Team von vier Testern mit XC- und/oder Trailbike-Erfahrung auf den Trails und Wanderpfaden rund um Bad Kreuznach getestet. Beim ersten Aufsitzen fällt direkt auf, dass das Blur im Vergleich zum restlichen Testfeld deutlich ausgeprägtere XC-Gene in sich trägt: Das Cockpit ist im Auslieferungszustand ordentlich tief und die bereits montierten ESI Chunky Silikon-Griffe und der doppelte Lenker-Lockout ließen die Augen unseres XC-Spezialisten Tobi kräftig leuchten. Das Fahrwerkssetup ist schnell gemacht: Das liegt zum einen an den wenigen Einstellmöglichkeiten, zum anderen jedoch auch daran, dass sich der bekannte VPP-Hinterbau ohne viel Herumprobieren stimmig anfühlt.
Das bleibt auch bei der Anfahrt auf den ersten Berg so: Weder beim sachten Asphalt-Climb noch während des später folgenden Trail-Anstiegs neigt der Hinterbau zum Wippen. Selbst beim ruhigen Wiegetritt verhält er sich so stoisch ruhig, dass unsere eher Trail-orientierten Tester die Sinnhaftigkeit des verbauten Lockouts für die Fox 32-Federgabel und den DPS-Dämpfer hinterfragen. Wer allerdings Rennluft schnuppern möchte oder es bei der Jagd auf den nächsten Strava KOM sehr ernst nimmt, wird ein komplett gelocktes Fahrwerk zu schätzen wissen. Zur guten Bergauf-Performance des Santa Cruz Blur tragen nicht nur der effiziente Hinterbau, sondern auch das im Test niedrigste Gewicht von 9,86 kg, das flache Cockpit und die Maxxis Aspen TR-Reifen bei. Wie bei einem Reach von 460 mm samt XC-typischem, langem Vorbau nicht anders zu erwarten, sitzt man eher gestreckt auf dem Rad und hat auch in technischen, steilen Anstiegen keine Probleme, das Vorderrad entsprechend zu belasten. Der Trockenreifen Aspen TR hingegen rollt nicht nur auf Asphalt leise und leichtfüßig, sondern findet mit einer etwas aktiven Fahrweise auch bei leicht nassem und wurzeligem Untergrund Halt.
Hat man den Gipfel erreicht und macht sich auf den Rückweg gen Tal, fällt eines auf: Im Gegensatz zum Intense Sniper oder Yeti SB100 ist unser Santa Cruz Blur-Testbike nicht mit einer Variostütze ausgestattet. Was dem hartgesottenen XC-Racer nur ein müdes Lächeln abringt, lässt den Trailbiker nervös nach dem Tool in der Hosentasche nesteln. Zudem kann, was bergauf noch ein Segen war, sich bergab gerne als Fluch herausstellen. Doch trotz hohem Sattel, tiefem Lenker und schmächtiger Fox 32-Federgabel macht das Blur auf flowigen Trails jede Menge Laune! Der lineare VPP-Hinterbau gibt den Federweg großzügig frei, ohne zum Durchschlagen zu neigen und findet den richtigen Kompromiss aus Komfort und Feedback. Auch hier können die Maxxis Aspen TR-Reifen auf den leichten, aber nicht zu steifen Santa Cruz Reserve 25-Felgen trotz feuchtem Boden glänzen und liefern durch ihr vorhersehbares Verhalten die für die wilde Abfahrts-Hatz nötige Sicherheit. Der lange Hauptrahmen resultiert zudem in einer erhöhten Laufruhe. Wird der Untergrund ruppiger oder steiler, kommt das Gewicht durch die starke Sattelüberhöhung allerdings arg nach vorne und kann die Federgabel ans Limit bringen. Hier hat Santa Cruz seit unserem Test nachgebessert und für alle Modelle zusätzlich eine Blur TR-Version ins Leben gerufen, die nicht nur eine Variostütze, sondern auch eine Fox 34 Step-Cast-Federgabel mit 110 mm Federweg bietet.
Mit dem Santa Cruz Blur ist dem Kulthersteller nicht nur ein XC-Bike gelungen, mit dem man dank durchdachter Ausstattung, effizientem Fahrwerk und geringem Gewicht beruhigt auf höchster Ebene Rennen bestreiten kann, auch abseits des Renngeschehens bietet das Blur jede Menge Fahrspaß. In unserem Vergleichstest konnte es nicht nur durch seine erstklassigen Klettereigenschaften überzeugen – auch auf der Abfahrt zeigt es trotz XC-optimierter Ausstattung gute Qualitäten.
Testablauf
Während unserem Vergleichstest wurde das Santa Cruz Blur von vier Testern im ständigen Wechsel und Vergleich mit den anderen Testbikes gefahren. Dabei mussten sämtliche Höhenmeter auf Straßen oder natürlichen Trails und aus eigener Kraft bewältigt werden.
Hier haben wir das Santa Cruz Blur getestet
Testername: Arne Koop
Körpergröße: 182 cm
Gewicht (fahrfertig): 74 kg
Fahrstil: sauber, hohes Grundtempo, wird von seinen Freunden liebevoll als Airtime-Arne bezeichnet
Was fahre ich hauptsächlich: Enduro
Vorlieben beim Fahrwerk: vorne straffer als hinten, schneller Rebound, nicht zu viel Dämpfung
Vorlieben bei der Geometrie: mittellanges Oberrohr, keine zu kurzen Kettenstreben, flacher Lenkwinkel
Hier findest du alle weiteren Artikel unseres Cross Country-Vergleichstests:
Was sagt ihr zum Santa Cruz Blur? Seid ihr Fans reinrassiger XC-Race-Bikes oder darf es etwas mehr Bequemlichkeit sein?
matt017
dabei seit 12/2005
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dabei seit 08/2011
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