Nemo (Marlow Barkley) lebt zurückgezogen mit ihrem Vater Peter (Kyle Chandler) in einem Leuchtturm auf einer abgelegenen Insel. Langweilig wird den beiden dort aber nicht, dank der großen Fantasie der beiden. Immer wieder denkt sich Peter die unglaublichsten Geschichten aus, die in Nemos Vorstellungskraft Realität werden. Die fantasievolle Idylle nimmt jedoch ein jähes Ende, als Peter auf See verlorengeht und seine Tochter zu ihrem Onkel Philip (Chris O’Dowd) geschickt wird. Der ist das genaue Gegenteil, führt ein ordentliches Leben in der Stadt und verdient sein Geld mit der Herstellung von Türgriffen. Von tiefer Trauer erfüllt und unglücklich über das langweilige Stadtleben flüchtet sich Nemo in ihre Traumwelt, wo sie dem eigenwilligen und wenig gesetzestreuen Satyr Flip (Jason Momoa) begegnet …
Little Nemo von Winsor McCay gehört sicherlich zu den Klassikern der US-amerikanischen Comic-Geschichte und hat auf vielerlei Hinsicht Spuren hinterlassen. Das zeigt sich auch an den vielfältigen Adaptionen, vom Theaterstück über ein Videospiel bis zu einer Oper. Filmisch hat die Marke hingegen weniger Eindruck hinterlassen. So hatte der Animationsfilm Little Nemo – Abenteuer im Schlummerland 1989 gute Kritiken und genießt heute durchaus Kultstatus. Seinerzeit waren die Einspielergebnisse jedoch verheerend. Da der Film zudem ewig in Entwicklung war und im Laufe der Zeit die unterschiedlichsten Leute daran gearbeitet haben, ist es verständlich, dass im Anschluss das Interesse der Studios an weiteren Adaptionen gering war. Nun geht auf Netflix mit Schlummerland ein weiterer Versuch an den Start – und kaum jemanden scheint es zu interessieren.
Dabei ist der Film durchaus ein großes Projekt. So soll das Budget stolze 150 Millionen US-Dollar betragen haben, was durchaus obere Hollywood-Liga ist. Regie führte Francis Lawrence, der mit Tribute von Panem eine Reihe großer Hits hatte. Die Hauptrolle übernahm zudem Aquaman Jason Momoa. Dennoch investierte der Streamingdienst kaum etwas ins Marketing. Schlummerland wird auch, anders als etwa Bardo, die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten oder Pinocchio, nicht im Kino gezeigt. Dabei sind die Bilder aufwendig genug, um eine Vorführung auf der großen Leinwand zu verdienen. Sie haben sicher nicht dieselbe Kunstfertigkeit wie die beiden obigen Titel und sehen zudem sehr künstlich aus. Die am Computer erstellten Landschaften, die Nemo während ihres Abenteuers durchstreift, bieten aber schon genug Schauwerte, um eine Sichtung zu rechtfertigen.
Inhaltlich ist das schon schwieriger. So schwankt der Film ständig zwischen Trauerdrama, actionreichem Abenteuer und Slapstickhumor. Letzterer erlaubt es Momoa, der sonst eher auf kernige Typen gebucht ist, mal eine andere Seite von sich zu zeigen. Tatsächlich erinnert seine ausufernde Darstellung an gewisse Exzesse von Johnny Depp, wenn er durch die Gegend torkelt. Das darf man natürlich lustig finden, zumal Schlummerland sehr offensichtlich auf ein junges Publikum zugeschnitten wurde. Ein paar amüsante Momente sind schon dabei. Dennoch ist es schade, wie sehr das Surreale und Bedrohliche, welches die Comics von McCay hatten, hier kaum eine Rolle spielen. Während man dort das Gefühl hatte, ständig neue Welten zu betreten, gibt es hier nur Pauschalreisen, bei denen die Abenteueratmosphäre auf der Strecke bleibt.
Das bedeutet nicht, dass der Film eine Katastrophe wäre, auch wenn die Zahl der Review-Verrisse beachtlich ist. Die überbordenden Bilder, die einen zuweilen erschlagen, stechen beispielsweise trotz allem hervor. Es gibt eine Reihe sehr unterschiedlicher Schauplätze, wodurch optisch für Abwechslung gesorgt ist. Nur ist das nicht genug, um knapp zwei Stunden damit füllen zu wollen. Schlummerland hat da trotz des Hangs zur Hysterie so viele Längen, als wolle der Film dem eigenen Titel Rechnung tragen. Das Warten auf eine würdige Adaption der Comics geht also weiter, das Abenteuer ist trotz der vielen Farben am Ende recht blass und unscheinbar. Da hätte es gern deutlich mehr Mut haben dürfen, um wirklich das Potenzial einer solchen Traumwelt ausnutzen zu können.
OT: „Slumberland“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Francis Lawrence
Drehbuch: David Guion, Michael Handelman
Vorlage: Winsor McCay
Musik: Pinar Toprak
Kamera: Jo Willems
Besetzung: Jason Momoa, Marlow Barkley, Chris O’Dowd, Kyle Chandler, Weruche Opia
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