Tiefflug: Eine neue Attraktion begeisterte gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Besucher amerikanischer Jahrmärkte. Junge Frauen – und ein paar Männer – stürzten sich auf Pferderücken von hohen Türmen in Wasserbecken.
Pferdefreundin: Eine der bekanntesten Springerinnen war Sonora Webster. 1923 sah die damals Zwanzigjährige in Savannah den Stunt und wurde bald Mitglied der “Great Carver Show”, die mit der Nummer schon seit Jahrzehnten durch die Lande zog.
Platsch! Das Becken, in dem Pferd und Reiter landeten, war knapp vier Meter tief. In vielen Versuchen war dieser Wert ermittelt worden, damit das Pferd rechtzeitig Boden unter die Hufe bekam und sich wieder Richtung Oberfläche abstoßen konnte. Diese Aufnahme entstand Mitte der Fünfzigerjahre.
Zentaure: Als “großen Spaß” bezeichnete Arnette Webster, Sonoras Schwester, das Turmspringen vom Pferd. Als Fünfzehnjährige war sie zum ersten Mal gesprungen. Dieser Sprung fand in den Vierzigerjahren statt.
Attraktion: Die “Diving Horses” erfreuten sich großer Beliebtheit, sodass auch andere Freizeitparks – wie hier im kanadischen Toronto Anfang des 20. Jahrhunderts – Pferde von Türmen springen ließen. Dieser Schimmel war allerdings ohne Reiter unterwegs.
Eiserne Regel: Eine Vorsichtsmaßnahme musste jede Springerin beherzigen. Der eigene Kopf musste sich beim Stunt seitlich des Pferdekopfs befinden. Denn die Tiere rissen den Kopf nach hinten, bei einem Zusammenprall drohten schwere Verletzungen. Bei Reiterinnen, wie bei dieser unbekannten Dame, legten die Veranstalter großen Wert auf Attraktivität.
Massenveranstaltung: 1929, zwei Jahre nach “Doc” Carvers Tod, etablierte sein Sohn Albert “Al” Carver die “Diving Horses” auf dem Steel Peer, einer Seebrücke des berühmten Freizeitparks in Atlantic City. Im Juli 1931 erlitt Sonora Webster, die inzwischen mit Al Carver verheiratet war, einen schweren Unfall. Sie prallte mit geöffneten Augen auf die Wasseroberfläche und verletzte dabei ihre Netzhäute schwer. Webster blieb für immer blind (Aufnahme aus Atlantic City im Jahr 1969).
Willenskraft: Trotz ihre Blindheit sollte Sonora Webster noch gut ein Jahrzehnt weiter in Atlantic City auf Pferden in die winzigen Pools springen. Erst der Zweite Weltkrieg unterbrach das “Horse Diving”, später wurde es wieder aufgenommen. Webster und ihr Mann kehrten allerdings nicht wieder ins Showgeschäft zurück. Sie arbeitete später für eine Blindenhilfsorganisation und starb 2003 im Alter von 99 Jahren. 1991 hatte Disney ihr Leben in “Wild Hearts Can’t Be Broken” verfilmt.
Protest: Bis in die Siebzigerjahre waren Pferde und Reiter auf dem Steel Pier zu sehen, dann beendeten Proteste von Tierschützern das Spektakel. Anfang der Neunzigerjahre (Foto) unternahmen die Betreiber einen neuen Versuch, diesmal sollten sich die Pferde allein in die Tiefe stürzen. Wiederum schritten Tierschützer erfolgreich ein. 2012 wurde ein letztes Mal versucht, die Tradition des “Horse Diving” wiederzubeleben – abermals ohne Erfolg.
Absprung: Zwölf Meter oder höher waren die Türme, von denen die Pferde mit ihren Reiterinnen absprangen. Nach einem harten Training und einer Abnehmkur durfte auch Sonora Webster das erste Mal auf einem Pferd vom Turm springen. Jahrelang sollte sie das bis zu sechsmal täglich vollführen. Das Foto mit unbekanntem Reiter ist undatiert.
Risiko: Wie die Carvers immer wieder beteuern mussten, sorgten sie gut für die Pferde. Kein Wunder, schließlich waren sie das Kapital der Show. Trotzdem kam es zu Zwischenfällen in der Geschichte der “Diving Horses”. So ertrank Sonora Websters Pferd Duchess of Lightning, als die Pferde bei einer Probe ins offene Meer sprangen.
Lehrstunde: Die Vierbeiner mussten speziell für die Nummer trainiert werden, um ihre natürliche Scheu vor dem Sprung abzulegen. Dieses Pferd wurde mit einer Karotte zum Sprung aus einer niedrigen Höhe verlockt (undatierte Aufnahme).
Höhenzug: Über eine Rampe gelangten die Pferde auf den Turm, wo sie die Reiterinnen erwarteten (undatiertes Foto).