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Cannondale F-SI 29 Carbon: Ai Drivetrain System mit asymmetrischem Hinterbau, neue Save 2 Sattelstütze, neue Lefty Federgabel, verkürztes Steuerrohr, Verkleinerung des Lenkwinkels – das neue Cannondale F-SI hat so ziemlich alles zu bieten, was unter der Kategorie ‚Super Neu‘ einzuordnen ist. Entwickelt wurde das Race-Hardtail für den reinen XC-Wettkampfeinsatz von keinem Geringeren als Peter Denk. Marco Fontana eroberte auf dem Bike die Bronze-Medaille bei der WM 2014 in Hafjell, Manuel Fumic fuhr auf dem F-SI beim Weltcup in der absoluten Weltspitze mit und das Nachwuchstalent Anton Cooper gewann im Sprint die Commonwealth Games auf dem Boliden. Diese Ergebnisse und vor allem die technischen Neuheiten haben in der Bikeszene für ordentlichen Gesprächsstoff gesorgt. Es war also an der Zeit, dass wir dem Rad mal so richtig auf den Zahn fühlen.
Das Team um Peter Denk setzte sich einmal mehr die Aufgabe, das vielleicht schnellste Racebike auf diesem Planeten zu konstruieren. Dafür sollte es den technischen Downhills der Weltcuprennen gerecht werden und gleichzeitig maximalen Vortrieb bergauf garantieren. Mit etlichen Neuheiten und Ideen, die man in der Branche bis dato noch nie gesehen hatte, versuchte man bei Cannondale diese Anforderungen in die Realität umzusetzen.
Das Rad wurde im Mai 2014 auf der Burg Hohenzollern vorgestellt und wir berichteten schon detaillierter über die technischen Neuerungen an diesem Bike. Nichtsdestotrotz werde ich im Folgenden noch einmal kurz alle Innovationen erläutern.
Bei Cannondale, in Person von Peter Denk, ist man der Auffassung, dass man ein Rad nicht schneller bzw. besser macht, indem man Gewicht am Rahmen einspart oder die Tretlagersteifigkeit erhöht. Nur mit einem perfekten Zusammenspiel aller Bauteile können die oben genannten Ziele umgesetzt werden, so der deutsche Chefentwickler. Aus diesem Grund bekamen nicht nur der altbekannte F29-Rahmen ein Facelifting verpasst, sondern auch die Lefty Federgabel und die neu überarbeitete Save 2 Sattelstütze.
Mittels dem Ai (asymmetrische Integration) Drivetrain System sind die Kettenblätter um 6 mm nach rechts verschoben, um mit breiten Reifen am Umwerfer genügend Platz zur Verfügung zu haben. Der Q-Faktor der Kurbel bleibt dabei unverändert. Dadurch ändert sich allerdings auch die Kettenlinie, weshalb die Kassette am Hinterrad ebenfalls um 6 mm nach außen verschoben werden musste. Daher muss der Hinterbau allerdings entweder breiter oder asymmetrisch konstruiert werden. Bei Cannondale entschied man sich rasch für die letztgenannte Variante, da es dieser Aufbau im Gegensatz zu einem herkömmlichen Laufrad möglich macht, das Hinterrad mit gleichlangen Speichen symmetrisch einzuspeichen. Dadurch soll in Kombination mit einer 135 mm Nabe laut Aussage des Herstellers eine 60 % höhere Laufradsteifigkeit erreicht werden.
Zusätzlich ermöglicht diese technische Raffinesse einen extrem kurzen Hinterbau von lediglich 429 mm, was zusätzlich Steifigkeit einbringen und vor allem für eine gute Traktion und Wendigkeit sorgen soll. Flexende Sitzstreben sollen in Kombination mit steifen Kettenstreben und der Save 2 Sattelstütze für ordentlichen Fahrkomfort sorgen, ohne dabei Steifigkeitsverluste in Kauf nehmen zu müssen.
Des Weiteren wurde der Lenkwinkel auf 69,5° ausgelegt, wodurch dem Fahrer bei hohen Geschwindigkeiten zusätzlich Sicherheit vermittelt werden soll. Außerdem verkürzten die Ingenieure von Cannondale das Steuerrohr um 3,7 cm im Vergleich zum Vorgängermodell F29 auf 9,7 cm, um eine noch sportlichere Haltung auf dem Rad einzunehmen.
Doch nicht nur am Rahmen wurde im Büro von Denk ordentlich getüftelt, sondern auch an der Federgabel. Die neue Lefty 2.0 gibt es jetzt mit einem Offset von 55 mm, wodurch trotz verkürztem Hinterbau ein längerer Radstand als beim F29 ermöglicht wird, was für zusätzliche Fahrstabilität sorgen soll. Außerdem wurde die Dämpferkartusche im Innenleben der Gabel rennspezifisch erneuert, nach dem Vorbild der SuperMax.
Das Cannondale F-SI 29 Carbon kann übrigens ohne Probleme auch mit zwei Kettenblättern gefahren werden. Außerdem auffällig sind Neuheiten, die dem aktuellen Trend der Bikeindustrie entgegen wirken: Zum einen verlegt Cannondale alle Züge bzw. Bremsleitungen außen entlang des Rahmens, wodurch Gewicht eingespart und eine schnelle Reparatur ermöglicht wird. Zum anderen sucht man am neuen F-SI vergeblich nach Steckachsen. Laut Aussagen des Herstellers haben eigene Untersuchungen ergeben, dass Steckachsen kein Plus an Steifigkeit ergeben und zusätzlich schwerer sind als die altbewährten Schnellspanner. Für Fumic und Co. dürfte ein zusätzliches Argument für Schnellspanner sein, dass so ein Laufradwechsel im Rennen deutlich flotter vonstattengehen kann als mit den Achsen.
Jetzt aber genug der Fachsimpelei! Schließlich wollen wir auch wissen, ob all diese angepriesenen technischen Neuheiten sich auf dem Trail auch wirklich so gigantisch bemerkbar machen wie vom Hersteller versprochen. Daher fuhren wir sofort los und testeten das Bike schonungslos über fünf Monate.
Nachdem ich alle technischen Neuheiten an dem Bike begutachtet und das Setup auf mich eingestellt habe, schwinge ich mich ohne zu zögern auf das neue F-SI. Die ersten Meter auf diesem Rad sind gigantisch – ich habe das Gefühl, dass jede noch so kleine Kraftkomponente, die ich auf das Pedal übertrage, sofort in Vortrieb umgesetzt wird. Das Rad sieht auf den ersten Blick nicht nur pfeilschnell aus, sondern ist es auch: Kleine Rampen können im Wiegetritt mit einer Leichtigkeit bezwungen werden, die ich bis zu diesem Zeitpunkt bei keinem Fahrrad, das ich je zuvor gefahren bin, verspürte. Außerdem finde ich sofort eine perfekte und kompakte Sitzposition auf diesem Bike – es macht einfach nur Spaß.
Den ersten Test hat das neue Racebike also mit großer Bravour bestanden. Doch wie sieht es im Gelände aus? Wie verhält sich das Rad im Downhill? Kann es mich dort auch so überzeugen? Ich will keine Zeit verlieren, deshalb biege ich auf direktem Weg in die Wälder rund um Albstadt ein. Doch nachdem mich das Bike spielerisch den Berg hinaufbringe, musste ich feststellen, dass das neue F-SI in der Abfahrt kleine Schwächen zu verzeichnen hat. Trotzdem komme ich nach meiner ersten Testrunde wieder begeistert zu Hause an.
Das Rad wurde von drei Testprobanden hauptsächlich auf der Schwäbischen Alb über fünf Monate ausgiebig auf Herz und Nieren geprüft. Alle drei Fahrer hatten in Bezug auf das Uphillverhalten des Rads schon nach wenigen Ausfahrten dieselbe Meinung, die sich im Laufe des Tests auch nicht mehr ändern sollte: Das Bike fährt sich spielerisch und perfekt bergauf.
Der neu entwickelte Hinterbau und das Tretlager in Kombination mit den Enve Carbon Laufrädern sorgen für eine spürbare Steifigkeit, die wir so noch an keinem Fahrrad beobachten konnten. Auf festem Untergrund fährt es zusätzlich mit einer enormen Leichtigkeit, die uns begeisterte. Auch auf losem Boden und in Trailauffahrten lässt sich das F-SI gut steuern und gibt uns ebenfalls den Eindruck, den Berg sehr angenehm bezwingen zu können.
Das Hinterrad besitzt für ein Hardtail eine sehr gute Traktion, allerdings konnten wir die Flexibilität der neuen Save 2 Sattelstütze nur in sehr geringem Maße wahrnehmen. Alle drei Testfahrer saßen stets satt im Sattel, will heißen: das Hinterrad fing kaum an zu hüpfen. In Kombination mit den kurzen Kettenstreben und der geknickten Stütze wandert der Schwerpunkt im Sitzen weit nach hinten, was ordentlich Druck aufs Hinterrad bringt und dadurch viel Traktion generiert. Durch die gestreckte Sitzposition kommt ein Aufbäumen des Vorderrades dennoch absolut nicht auf. Kleine Rampen die beispielsweise im Wiegetritt hochgedrückt werden können, mag das neue Cannondale besonders, da es stets extrem spritzig wirkt. Zusätzlich lädt das Bike außergewöhnlich zum Sprinten ein, da es elegant beschleunigt und man das Gefühl nicht los wird, dass man in diesen Momenten den maximal möglichen Vortrieb besitzt.
Das Gesamtgewicht von 9,10 kg inklusive Pedalen und Flaschenhalter macht auf den ersten Blick eventuell einen etwas hohen Eindruck, doch man sollte an dieser Stelle allerdings anmerken, dass das Plus der Steifigkeit an Tretlager, Hinterbau und Laufrädern das minimal höhere Gewicht im Vergleich zu anderen Bikes in dieser Preisklasse wieder wettmacht.
Die Lefty Gabel lässt sich nur komplett blockieren, was zum Beispiel in Sprints von großem Vorteil ist, da die Front absolut steif und super fahrbar bleibt. In unebenen Bergaufpassagen, vor allem wenn man zwischenzeitlich noch kurz aus dem Sattel geht, ist man sich als Fahrer allerdings nie ganz sicher, ob eine offene oder blockierte Federgabel für den vorliegenden Streckenabschnitt die bessere Wahl wäre.
Eine weitere einheitliche Meinung bei den Testern ergab sich bei der Sitzposition. Die Geometrie ist gut abgestimmt und in reinen Uphillsektionen sitzt man angenehm, aber trotzdem sehr sportlich auf dem Rad. Bemerkbar macht sich allerdings zum Teil das kurze Steuerrohr, da man als Fahrer mit den Armen ein hohes Gewicht an der Front abfangen muss. Am Berg bzw. in der Ebene störte uns dies ausschließlich bei Ausfahrten, die über 3 Stunden Fahrzeit hinausgingen, da die Oberarme und Schultern einer hohen Belastung ausgesetzt waren. Im Downhill wurden dementsprechend die oberen Gliedmaßen aufgrund des Steuerrohrs und des verkürzten Lenkwinkels noch stärker belastet, was sich im Laufe des Tests auch als Nachteil herauskristallisieren sollte.
Das Bike fliegt nicht nur den Berg hinauf, sondern auch bergab – sofern man die nötige Kraft im Oberkörper dazu hat. Wie erwähnt, ermöglicht das verkürzte Steuerrohr im Vergleich zum F29 eine sehr sportliche Haltung auf dem Rad, die allerdings vor allem in den Abfahrten nicht immer von Vorteil ist. In Verbindung mit einem geringen Lenkwinkel fährt sich das Bike sehr frontlastig. Durch die Lefty konnten wir leider keinen anderen Vorbau montieren, Käufern empfehlen wir aber, eine höhere Front zu verbauen.
Daher muss man als Fahrer bei längeren Abfahrten ordentlich Kraft in den Oberarmen mitbringen, um den Lenker stets richtig festzuhalten. Auch die Handgelenke können bei ruppigen Abfahrten, die länger als fünf Minuten dauern, beginnen zu schmerzen. Wer dann zusätzlich nicht immer die perfekte Fahrlinie erwischt und eventuell in abwegigem Gelände versuchen muss, das Rad zurück auf die Ideallinie zu bringen, kann seine liebe Müh und Not mit dem F-SI bekommen. In verblocktem, ruppigem Gelände treten diese Probleme und Schmerzen entsprechend früher auf als auf flowigen Trails oder schnellen Schotterabfahrten. Es ist und bleibt eben ein absolutes Racebike, das von trainierten Fahrern bewegt werden will.
Doch auch im Downhill hat das neue Cannondale tolle Seiten, die auf jeden Fall erwähnt werden sollen. Beginnend mit einer neu überarbeiteten Lefty 2.0 Federgabel, die ein perfektes Ansprechverhalten auf jede Art von Untergrund bietet. Sie arbeitet zuverlässig, bügelt Unebenheiten sanft aus und hat auch mit großen Absätzen und in verblocktem Gelände absolut keine Schwierigkeiten. In sehr schnellen Abfahrten arbeitet die Lefty die komplette Zeit ruhig, fängt nie an zu flattern und gibt dem Fahrer stets ein sicheres Fahrgefühl.
Außerdem hält das Rad stets ruhig die Spur, was zum Teil auf den längeren Radstand und den geringen Lenkwinkel im Vergleich zum Vorgängermodell zurückzuführen ist. Trotzdem bleibt es aufgrund der kurzen Kettenstreben und des kompakten Oberrohrs sehr wendig und agil, was uns vor allem in engen Spitzkehrenabfahrten zu Gute kam.
Insgesamt wurde das Rad von den drei Testfahrern sehr intensiv bei jeder Witterung und im Renneinsatz getestet. Dabei sind uns keinerlei Defekte oder ein unerwartet großer Verschleiß aufgefallen, weshalb das Bike den Eindruck hinterlassen hat, dass es sehr langlebig ist.
Das neue Cannondale F-SI hat für viel Gesprächsstoff gesorgt – und das zu Recht! Den Entwicklern um Peter Denk ist es wieder einmal gelungen, neue Maßstäbe in der Rahmentechnologie zu setzen. Das Bike ist für XC-Fahrer eines der besten Hardtails, das der Markt zu bieten hat. Im Uphill und auf flachem Terrain, egal auf welchem Untergrund, ist das F-SI eine richtige Rakete. Vor allem die spürbare Steifigkeit im Tretlagerbereich, dem Hinterbau und an den Enve Laufrädern überzeugte uns auf ganzer Linie.
Negativ aufgefallen ist uns allerdings, dass man auf dem Bike sehr frontlastig unterwegs ist und deshalb kräftige Oberarme benötigt, um das Rad optimal steuern zu können. Bei längeren Abfahrten stellten sich teilweise auch Schmerzen in den Handgelenken ein, die vor allem für Marathonfahrer bei entsprechend langen Abfahrten unangenehm sein könnten – in XC-Rennen sollte dies aufgrund der kürzeren Downhills nur eine untergeordnete Rolle spielen. Nichtdestotrotz hält das Rad auch bei sehr schnellen Abfahrten sauber die Spur und wird überhaupt nicht nervös.
Zusätzlich konnte uns vor allem die Lefty mit ihrem perfekten Ansprechverhalten in dem Test voll überzeugen. Des Weiteren zeigte sich das Bike sehr agil und wendig. Die Anbauteile sind für den zu erwartenden Einsatz passend gewählt.
Unter dem Strich ist es definitiv eines der besten XC-Hardtails, die der Markt momentan zu bieten hat. Cannondale ist mit dem neuen F-SI das (fast) perfekte Racebike gelungen. Chapeau!
Wie haben wir getestet?
Das Cannondale F-SI wurde hauptsächlich auf den Trails der Schwäbischen Alb getestet. Egal ob flowiger, verblockter, fester oder wurzeliger Untergrund im Up-, sowie im Downhill, das Rad wurde keineswegs geschont. Bei zwei kleinen regionalen Rennen ohne große technische Anforderungen in und um Albstadt kam das Bike ebenfalls zum Einsatz.
Wer hat getestet?
Testfahrer 1 – Tobias:
Testfahrer 2 – Gabriel:
Testfahrer 3 – Christian:
iazgea
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