Als Quirin Görz 2020 intern zum CIO des auf Industrieroboter spezialisierten Herstellers aufgestiegen war, setzte er eine neue IT-Strategie auf. Sie gliedert sich in eine grundlegende Vision und eine Mission, die auf drei bis fünf Jahre ausgelegt ist.
Die Vision lautet, die Produktivität zu steigern, indem die IT sichere und kosteneffiziente Lösungen anbietet. Kontinuierliches Lernen und intelligente Automatisierungslösungen einzusetzen seien dabei der Schlüssel zum Erfolg. Der CIO formulierte zudem vier strategische Ziele der Mission:
die globalen IT-Kosten sind auf Benchmark-Niveau, verglichen mit Marktbegleitern;
die Business-Produktivität steigern
die IT schneller und flexibler machen
die IT-Sicherheit auf Benchmark-Niveau bringen, verglichen mit Marktbegleitern
Daraus leiten sich wiederum Jahresziele ab. “Vierteljährlich prüfen zudem Governance-Funktionen wie die Segment Boards und das IT-Steering Committee die Maßnahmen und kommunizieren den Fortschritt an den Rest des Unternehmens. So wissen unsere internen Kunden immer, was die IT konkret tut, um die beschlossenen Ziele zu erreichen,” sagt Görz. Das alles steuert die Kuka-IT global über die Managementmethode Objectives und Key Results (OKR).
Ein Schlüsselelement der Strategie ist die Cloud, da sie laut dem CIO auf jedes der vier Mission-Ziele einzahlt.
“Die Cloud-Transformation bei KukaKuka haben wir relativ früh gestartet,” berichtet Görz. 2015 begann die Auswahl der ersten großen Software-as-a-Service (SaaSSaaS)-Lösungen im CRM-Umfeld mit Salesforce und mit SAP Ariba für den Einkauf. Top-500-Firmenprofil für Kuka Alles zu SaaS auf CIO.de
Danach wurden die chinesischen Standorte auf Microsoft Office in der Cloud umgestellt und global SAP Concur zum Reisekostenmanagementeingeführt. “Zu dem Zeitpunkt waren wir noch eher passiv unterwegs. Wir wollten der Belegschaft Zeit geben, sich an die Cloud-Services zu gewöhnen,” so der CIO.
Nach ersten Erfahrungen mit einer Handvoll Applikationen begann die IT, die ersten Cloud-native-Anwendungen zu entwickeln. Görz: “Mit dem gesammelten Know-how ist nun ein Maß an Zuversicht erreicht, mit dem wir aus dem passiven in einen aktiven Modus schalten können.”
Die Kuka-IT entwarf unter anderem eine globale Hosting-Strategie. Den Kern bildet die Vorgabe “Cloud First” mit der Staffelung: Software as a Service vor Platform as a Service vor Infrastructure as a Service. Wenn das nicht möglich ist, will man auf Co-Location-Datacenter ausweichen. Sollten auch dem technische oder sicherheitsrelevante Faktoren entgegenstehen, greift die IT auf die verbleibenden Kuka-eigenen Rechenzentren zurück.
Die Vorteile der Cloud hinsichtlich Skalierbarkeit, Kosteneffizienz, Hardwareunabhängigkeit und schneller Umsetzung will der CIO voll ausschöpfen. “Salesforce konnte beispielsweise innerhalb nur eines Jahres für den gesamten globalen Vertrieb implementiert werden. Das war der schnellste weltweite Rollout einer Lösung, den es in der Geschichte von Kuka je gab,” betont Görz. Mit einer stark angepassten On-premises-Lösung wäre das nicht möglich gewesen.
“Während unserer Cloud Journey haben wir viel Lehrgeld bezahlt,” erinnert sich der IT-Chef. Die erste IoT-Plattform “KUKA.Connect” war eine Cloud-agnostische Eigenentwicklung im IaaS-Betrieb, die schnell in die Kritik geriet. Die Kosten waren zu hoch, die Skalierbarkeit nicht gegeben.
Daher entschied sich Kuka 2020 für einen Strategiewechsel. Die Anwendung wurde auf Microsofts Azure-Plattform als Cloud-native Microservice-Architektur samt APIs und Data Lake in der Public Cloud neu designt. Die Lösung heißt “iiQoT”. “Damit konnten wir die Kosten um rund 90 Prozent senken und die Skalierbarkeit deutlich steigern. Mittlerweile laufen etwa 10.000 RoboterRoboter auf der neuen Plattform,” berichtet Görz. Zudem profitiere Kuka so automatisch von Innovationen, die Microsoft der Azure-Plattform hinzufüge. Alles zu Roboter auf CIO.de
Nur punktuell einzelne Apps in die Cloud zu hieven, bringe keine Vorteile für Skalierbarkeit und Geschwindigkeit, urteilt der CIO. Lift-and-Shift auf IaaS sei der denkbar schlechteste Weg dorthin: “Man muss die Bündelungs- und Volumeneffekte der Cloud ausnutzen, um Kostensynergien zu erreichen.”
Das Team um Görz startete dazu das Projekt “One EMEA”, um alle eigenen Datacenter in der Region zu konsolidieren. Ziel ist es, alle Services, die das zulassen, in die Cloud auszulagern. An den 39 Standorten wurden die IT-Landschaften durchleuchtet, alle Applikationen katalogisiert und bewertet. Im nächsten Schritt folgt der Migrationsplan je Anwendung: “Wir entscheiden anhand der sogenannten ‘sechs R’ von Amazon Web Services, ob wir Anwendungen zum Beispiel nur auf einen IaaS-Server schieben, sie durch bestehende Alternativen ersetzen oder in der Cloud komplett neu entwickeln.”
Diese “sechs R” beziehen sich auf verschiedene Herangehensweisen, um Anwendungen in die Cloud zu migrieren. Sie umfassen:
Rehosting (reines Lift-and-Shift);
Replatforming (Lift and Shift mit Optimierungen);
Repurchasing (Wechsel zu einem anderen Produkt);
Refactoring (Neuentwicklung, meist mit Cloud-native-Funktionen);
Retire (abschalten);
Retain (vorerst beibehalten wie gehabt).
Mittlerweile ist der gesamte Konzern zudem auf Microsoft 365 umgestiegen, lokale Home-Laufwerke wurden durch OneDrive ersetzt. Desktop-basierte Lösungen werden auf den Betrieb in der Microsoft Azure Cloud umgestellt. Dazu zählen etwa die Applikationen für die Roboterkonfiguration oder die Projektabwicklung. Auch das Schnittstellen-Management liegt in der Cloud, um über das API-Portal die Konnektivität zu anderen Systemen sicherstellen zu können.
In Sachen SAP-Landschaft evaluiert das Team gerade, welche Teile sich für die Cloud eignen. “Test- und Entwicklungssysteme werden sicher in die Cloud umziehen, bezüglich der Produktivsysteme laufen die Diskussionen, ob das tatsächlich Vorteile bringt,” so Görz. Die Cloud-Option werde hinsichtlich Kosten und Latenzzeiten analysiert.
Microsoft Azure ist der bevorzugte Cloud-Partner für Kuka, um Volumeneffekte nutzen zu können. Für einige wenige Anwendungen, wie den Update-Service für die Roboterbetriebssysteme, nutzt das Unternehmen AWS.
“Sicherheitslücken gibt es immer, da darf man sich nicht in die eigene Tasche lügen,” räumt Görz ein. Doch besondere Security-Bedenken wegen der Public Cloud gebe es nicht. Das Sicherheitsniveau der öffentlichen Cloud-Plattformen sei in den vergangenen Jahren gestiegen. Die Hyperscaler steckten so viele Ressourcen in die Absicherung ihrer Plattformen, dass ein Unternehmen mit einer Private Cloud da nicht mithalten könne.
Auf der anderen Seite brauche es trotzdem ein anderes Sicherheitskonzept als in der On-premises-Welt. “Wir haben in den letzten zwei Jahren einen Zero-Trust-Ansatz umgesetzt,” berichtet der CIO. So gebe es nun etwa “Conditional Access”, der den Standort eines Nutzers beim Log-in berücksichtigt. Zudem betreibe Kuka ein Security Operations Center (SOC) in Ungarn mit 24/7-Service für das Unternehmen.
Um das neue Konzept salonfähig zu machen, veranstaltete das Team um den CIO gemeinsam mit dem Security-Verantwortlichen Roadshows und Security-Awareness-Kampagnen in den Fachabteilungen. Darin klärten sie das Managementüber die Notwendigkeit und mögliche Einschränkungen des neuen Sicherheitskonzepts auf.
“Eine der größten Herausforderungen für uns war, zu verstehen, dass in der Cloud Applikationen und Infrastruktur zusammenwachsen,” sagt Görz. Die Verantwortlichkeiten änderten sich. So gab es etwa Performance-Probleme, als die CPQ-Plattform (Configure Price Quote) in der Cloud neu entwickelt worden war. “Die Entwickler-Teams haben gelernt, dass sie sich auch über Infrastructure-as-Code Gedanken bei der App-Entwicklungen machen müssen” so der CIO.
Daher rät Görz Unternehmen, die in die CloudCloud wollen, früh die Weiterentwicklung der Belegschaft anzustoßen und kontinuierliches Lernen in den strategischen Zielen der IT zu verankern. Kuka setzt dazu auf verschiedene Formate wie Training on the Job, Re- und Up-Skilling, Schulungsangebote sowie individuelle Entwicklungspläne für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Alles zu Cloud Computing auf CIO.de
Eine wichtige Rolle spielt auch das Kostenmanagement. Kuka braucht Management-Tools, um kurzfristig herauf- und heruntergefahrene Cloud-Server zu überwachen und Kosten zu steuern, damit sie nicht aus dem Ruder laufen. Zudem verschiebt sich die Kostenverantwortung. Görz: “Unsere Entwickler in der R&D-Abteilung können zum Beispiel selbst Cloud-Ressourcen deployen, das erhöht grundsätzlich meine IT-Kosten. Also muss ich Transparenz schaffen und die Kosten zusammen mit dem Business aktiv managen.”
Die Kuka AG hat ihren Sitz in Augsburg. Seit 2016 ist sie im Mehrheitsbesitz des chinesischen Midea-Konzerns. Das Unternehmen zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Industrierobotern.
Wenn Sie Artikel von CIO, Computerwoche, TecChannel oder Channelpartner für eine kommerzielle Vervielfältigung nutzen wollen, müssen Sie eine Lizenz erwerben.
Bitte wenden Sie sich dazu an unseren Partner, die YGS Group (E-Mail: IDGLicensing@theygsgroup.com)
Themen: Cloud Computing, Roboter und SaaS
Top500-Firmenprofil: Kuka