Biographien über die Karrieren von Musikern gibt es wie Sand am Meer. Musiker wie auch Geschäftsleute haben erkannt, dass sich mit der Veröffentlichung von Biographien eine zusätzliche Geldquelle akquirieren lässt. Die wenigsten Musiker haben wirklich etwas zu sagen und dem Leser interessante Stories mitzuteilen, zumal viele Biographien an einer gewissen Unehrlichkeit kranken und so einen faden Beigeschmack haben.
Einer, der nie mit seiner Meinung hinter dem Berg gehalten hat und zudem die Höhen und Tiefen des Business in ihrer intensivsten Form miterlebt hat, ist DEE SNIDER, Frontmann der legendären TWISTED fuckin’ SISTER. Welcher Metaller kennt sie nicht, die großen Hymnen “I Wanna Rock”, “The Price”, “You Can’t Stop Rock ‘n’ Roll” oder den unsterblichen Klassiker “We’re not Gonna Take It”? Eben. Das sind Songs die sogar jedem Death-Metaller geläufig sind und die TWISTED SISTER durch die Decke an die Spitze der Charts katapultiert haben. Grund genug also, das Leben des extrovertierten Sängers näher zu beleuchten. Anders als die Biographien anderer Kollegen, finden sich in dem Buch von DEE SNIDER keine detailliert beschriebenen Alkohol-, Drogen- oder Sexexzesse und allein das hebt “Mein Leben als Twisted Sister – I Still Wanna Rock” von ähnlichen Publikationen angenehm ab.
Dafür nennt er, ohne rechtliche Konsequenzen zu fürchten, die Leute namentlich, die ihm und der Band geschadet haben oder schaden wollten. Auf der anderen Seite zeigt sich Herr Snider den Menschen gegenüber, die ihn unterstützt haben, sehr dankbar und stellt das auch immer wieder heraus ohne dabei anbiedernd zu wirken. DEE SNIDER ist es wichtig, dem Leser zu vermitteln wie er sich gefühlt hat, während all dieser Zeit. Er legt detailliert dar, wie er mit der zunehmenden Entfremdung von den anderen Bandmitgliedern – J.J. French machte sich beispielsweise über die erste Nummer, die Dee geschrieben hat, lustig – umgegangen ist oder seinem großen Ego, das auch ein Grund für das Auseinanderbrechen der Band war. Dee benennt die Fehler, die Band und Management begangen haben, schließt sich selbst allerdings auch nicht im Geringsten aus, was ihm viele Sympathiepunkte einbringt. Die legendäre PMRC-Anhörung beispielsweise, hatte Dee völlig falsch eingeschätzt und er gibt unumwunden zu, dass dies einer der Sargnägel in der Karriere von TWISTED SISTER war. Bis hierher (dem Karriereende von TWISTED SISTER) zeichnet DEE SNIDER sein Leben, beziehungsweise das seiner Band, ziemlich ausführlich nach und der Leser bekommt einen guten Eindruck von dem Mann, der hinter der verrückten Schwester steckt. Ich persönlich finde das Buch sehr interessant und vermisse wilde Geschichten über Sex, Drugs & Rock ‘n’ Roll keineswegs. Quasi als Ersatz hierfür hat Dee immer einige nützliche Tipps für junge Musiker parat, Tipps zum Karriereende mal ausgenommen.
DEE SNIDERs Biographie enttäuscht nicht, denn er schreibt locker und kurzweilig mit teilweise sehr feinem Sinn für Humor. All das zusamen macht “Mein Leben als Twisted Sister – I Still Wanna Rock” wirklich lesenswert. Demgegenüber stehen allerdings auch zwei Schönheitsfehler im Buch. Schade ist, dass Dee die Zeit bis zur Reunion äußerst knapp hält. Solches wirkt, verglichen mit dem Rest des Buches, etwas lieblos und vergeudet durchaus noch Potential, denke ich. Ein weiterer Minuspunkt geht an das Lektorat des Iron Pages Verlag. Hier hätte man gewissenhafter arbeiten müssen, da sich zu viele Fehler eingeschlichen haben. “Mein Leben als Twisted Sister – I Still Wanna Rock” bleibt aber trotz beider eher kleinerer Mängel ein unterhaltsames Buch, dass man sich als Rock-Fan gerne ins Regal stellen darf.
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