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24.06.2021 | Metalle | Im Fokus | Online-Artikel
verfasst von: Thomas Siebel
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Die EU reagiert auf anhaltend hohe Überkapazitäten in der Stahlerzeugung und auf die weiter erhobenen US-Importzölle. Laut EU würde die heimische Stahlindustrie ohne die Schutzmaßnahmen ernsthaft beschädigt.
Die verlängerten Schutzmaßnahmen sollen die Stahlpreise in der EU stabil halten
Jochen Lübke | dpa | picture alliance
Überkapazitäten und Handelshemmnisse sind auch im Jahr 2021 bestimmende Themen für den globalen Stahlmarkt. Nach den neuesten verfügbaren Zahlen der OECD lagen die Kapazitäten für die Erzeugung von Stahl im Jahr 2019 bei über 2,3 Milliarden t; das sind 1,5 % mehr als im Vorjahr. Weltweit investieren Länder weiter in den Ausbau ihrer Herstellungskapazität. Sollten nicht gleichzeitig bestehende Stahlwerke ihren Betrieb einstellen, rechnet die OECD kurzfristig mit jährlichen Zuwachsraten von 2 bis 3 %. Immerhin, in den Jahren 2016 bis 2019 – aktueller Daten liegen noch nicht vor – sind die Überkapazitäten um ein Drittel zurückgegangen. Damit lagen sie aber immer noch bei 514 Millionen t, was etwa dem zehnfachen der jährlichen Stahlproduktion in Deutschland entspricht.
2020 | OriginalPaper | Buchkapitel
In recent years, as the global economy recovers, the demand for steel products in many countries has risen. The international competitiveness of China’s steel companies has improved, and therefore, China’s steel exports have been greatly increased.
Für Stahlerzeuger sind Überkapazitäten problematisch, wie Roland Döhrn im Artikel Stahlkrise reloaded? Lage und Aussichten für die deutsche Stahlindustrie schreibt: “Wirtschaftlich spielt vor allem die hohe Kapitalintensität der Stahlerzeugung eine Rolle, die zu hohen Sunk Costs führt. Dadurch entsteht der Anreiz, Anlagen möglichst lange zu nutzen und deren Auslastung hoch zu halten. Kurzfristig nehmen die Unternehmen sogar Preise in Kauf, die die Fixkosten nicht abdecken.”
Im Blickfeld steht insbesondere China. Mit derzeit mehr als 56 % kommt der mit Abstand größte Teil des weltweit gehandelten Rohstahls aus chinesischer Produktion. Zugleich weist das Land hohe Überkapazitäten auf, unter anderem als Folge von Subventionen, mit denen der Staat seine Schlüsselindustrie vor Pleiten bewahrt. Neue Absatzmärkte, etwa im Rahmen der sogenannten Neuen Seidenstraße (englisch Belt and Road Initiative) oder Konjunkturprogramme, sollen helfen, die heimische Industrie auslasten. Parallel baut China jedoch auch Erzeugerkapazitäten ab; allein 87 Millionen t in den Jahren 2016 bis 2018, wie die OECD berichtet. Insbesondere geht die Regierung gegen illegal errichtete Stahlschmelzen vor, die Schrott zu teils minderwertigem Stahl verarbeiten.
Lange wurden die niedrigpreisigen chinesische Stahlimporte in Europa mit Argwohn betrachtet. Spätestens als die US-Regierung im Jahr 2018 jedoch Einfuhrzölle für 28 Kategorien von Stahlerzeugnissen verhängte, sah sich die EU-Kommission zum Handeln gezwungen. Die US-Zölle führten nämlich dazu, dass die Stahlerzeugnisse, die in den USA nun nicht mehr abgesetzt werden konnten, teilweise in die EU umgelenkt wurden und die Stahlpreise weiter drückten. Die EU entwickelte sich zum Ersatzmarkt und die EU-Stahlindustrie mit ihren 330.000 direkt Beschäftigten drohte aus Sicht der Kommission ernsthaft Schaden zu nehmen.
Konkret rechnete die EU-Kommission vor, dass die Einfuhren von Flach- und Langerzeugnissen sowie von Rohren aus Stahl in den Jahren 2013 bis 2017 um 71 % gestiegen sind, während der Anteil der EU-Stahlerzeuger am heimischen Markt im gleichen Zeitraum um 5,4 % sank. Mit Einführung der US-Zölle sind die Einfuhren in die EU nochmals signifikant gestiegen, während die US-Stahlimporte in den ersten drei Quartalen 2018 um 19 % zurückgegangen sind.
Als Folge führte die EU im Juli 2018 Schutzmaßnahmen für die Stahlindustrie ein. Für 26 Stahlerzeugnisse wie bestimmte Bleche, Stäbe oder Rohre setzte sie Zollkontingente fest, die sie auf verschiedene Einfuhrländer verteilte. So dürfen beispielsweise Korea jährlich 5.200 t, China 2.200 t und Russland 1.400 t Elektrobleche importieren. Sind die Kontingente erschöpft, fällt ein zusätzlicher Zollsatz von 25 % auf weitere Einfuhren an. Die Kontingente setzte die EU bei 105 % der durchschnittlichen Einfuhren im Zeitraum 2015 bis 2017 fest, um traditionelle Handelsströme nicht zu stören.
Ursprünglich sollten die Schutzmaßnahmen nur bis zum 31. Juni 2021 in Kraft bleiben. Nun hat die EU sie aber um drei weitere Jahre bis zum 30. Juni 2024 verlängert und begründet das mit nach wie vor bestehenden Überkapazitäten und der mangelnden Aussicht darauf, dass die USA ihre Einfuhrzölle bald aufheben.
Die USA verfolgt auch unter Joe Biden eine protektionistische Agenda, wie Lasindra Flach im Leitartikel Die EU braucht eine klare USA-China-Strategie für den Wirtschaftsdienst 4/21 erläutert. Dabei zitiert die Leiterin des ifo Zentrums das Parteiprogramm der Demokraten, das Investitionen in die amerikanische Wettbewerbsfähigkeit im eigenen Land Priorität einräumt. Dennoch appelliert sie für Außenwirtschaft an die USA, China und die EU, angesichts des steigenden Protektionismus “einen Grundkonsens darüber auszuarbeiten, wie sie die globale Weltwirtschaft voranbringen wollen”.
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