Yusuf (Engin Günaydin) ist über fünfzig, hat eine Frau und zwei Kinder im Teenageralter und führt ein eigenes Geschäft. Er könnte eigentlich also vollkommen glücklich sein, doch die Midlife-Crisis nagt an ihm. Er scheint mit fast nichts mehr in seinem Leben so richtig zufrieden zu sein und möchte am liebsten von heute auf morgen alles über den Haufen werfen. Schließlich ist er überzeugt, dass ihn jemand umbringen will: die Zeit höchstpersönlich, deren Zahn an ihm nagt. Also versucht er, gegenzusteuern: er lässt sich die Haare färben, trägt Kontaktlinsen, startet sein eigenes Instagram-Konto und will ein neues Haus kaufen. Seine Frau Meryem (Derya Karadas) und seine Kinder sind von Yusufs verzweifelt wirkenden Versuchen, jung und hip zu wirken, zunächst amüsiert. Als es jedoch zu einem tragischen Missverständnis kommt, bitten sie seinen Schwager Halit (Tamer Karadagli), mal ein ernstes Wort mit Yusuf zu reden. Doch Halit, so stellt sich heraus, hat seine eigenen Probleme in der Ehe mit Yusufs Schwester Fadime (Sebnem Hassanisoughi).
Als Mann hat man es in der modernen Gesellschaft so schrecklich schwer! So jedenfalls will es einem Manno-Pause (herrlich dämlicher deutscher Titel!) suggerieren. Die sechs Episoden der Serie stammen aus der Feder von Hauptdarsteller Engin Günaydin, der in der Türkei ein Star ist. Der beliebte, vor allem für Komödien bekannte Schauspieler bekleckert sich als Drehbuchautor hier allerdings nicht gerade mit Ruhm. Viel zu platt, stellenweise dämlich und eben zu wenig lustig ist die Geschichte, die er hier um die Midlife-Crisis seiner Hauptfigur gezimmert hat. Dabei hat Manno-Pause vor allem zwei große Probleme: zum einen die generell uninteressante und unplausible Handlung, zum anderen die immer wieder zwischen Komödie, Drama und auch Thriller wechselnden Tonalität, bei der einfach nichts so richtig zusammenpassen will.
In der ersten Folge sind etwa Yusufs Frau und Kinder aufgrund seines plötzlich seltsamen Verhaltens davon überzeugt, ihr Ehemann bzw. Vater sei an Krebs erkrankt. Das führt zu allerlei Missverständnissen und komisch gemeinten Situationen, die sich alle vermeiden ließen, wenn Meryem und die Kinder Yusuf einfach direkt darauf ansprechen würden. Stattdessen reden sie nicht mit ihm über seine vermeintliche Krankheit. Wäre die Serie durch und durch eine überdrehte Komödie, könnte man darüber hinwegsehen. Weil sie zwar immer wieder Comedy-Elemente bietet, gleichzeitig aber ernstes Drama sein will, geht diese Rechnung allerdings nicht auf.
Prinzipiell ließe sich aus der Ausgangssituation „traurige, verzweifelte Männer tun in ihrer Verzweiflung dumme Dinge und machen sich lächerlich“ ja so einiges machen. Die Serie kann sich aber einfach nie entscheiden, auf welche Weise sie ihren Stoff denn erzählen will. Das führt zu wilden Sprüngen in der Tonalität der einzelnen Szenen und Handlungsstränge. Zu Beginn der Serie sieht man einen leblosen Körper in einem Boot, es wird also ein Thriller-Element eingeführt. Als die Serie nach dieser Eröffnungsszene schließlich in der Zeit zurückspringt, darf man sich gespannt fragen, wie es wohl zu diesem Bild kommen wird. Leider wird dieses Element aber erst einmal eine ganze Weile fallen gelassen. Stattdessen entspinnt sich unter anderem ein Handlungsstrang darüber, wie Yusuf aus Versehen ein Foto seines nackten Hinterns auf Instagram postet. Dann geht es wieder um die langweilig gewordene Ehe seiner Schwester mit Halit. Yusufs Sohn krempelt anscheinend in wenigen Tagen das Dessousgeschäft seines Vaters um und investiert große Summen, ohne dass erklärt wird, wie er all das genau hinbekommt. Und dann gibt es tatsächlich immer wieder Szenen, in denen eifer- oder rachesüchtige Figuren mit einer Armbrust Jagd auf andere Charaktere machen!
Wie gesagt, einzelne dieser Elemente könnten durchaus funktionieren, wenn man sie mehr in den Fokus gerückt hätte und die gesamte Serie in ihrer Machart und Atmosphäre daran angepasst hätte. Stattdessen will Manno-Pause aber einfach viel zu viel auf einmal. Immerhin eines bekommt die Serie aber wirklich gut hin: sie zeichnet Yusuf erfolgreich als lächerliche, naive und bemitleidenswerte Figur. Das beginnt schon bei seinem Aussehen; wenn sich Engin Günaydin immer wieder die gefärbten Haare aus dem Gesicht streicht oder unsicher grinst, dann stellt er Yusuf gekonnt als naiven, leicht schmierigen Mann dar, der nicht genau weiß, wo er im Leben gerade hinwill. Die Handlung der sechs Episoden bietet im Ganzen aber nur eine Aneinanderreihung von Banalitäten und funktioniert auch nicht als seichte Soap Opera.
OT: „Andropoz“
Land: Türkei
Jahr: 2022
Regie: Durul Taylan, Yagmur Taylan
Drehbuch: Engin Günaydin
Musik: Mustafa Cihan Aslan, Tolga Boyuk, Ekin Eti, Ertan Sahin, Emin Yasin Vural
Kamera: Soykut Turan
Besetzung: Engin Günaydin, Derya Karadas, Tamer Karadagli, Turgut Tuncalp, Sebnem Hassanisoughi
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