Gabriel Clemens gelang mit seinem Halbfinaleinzug bei der Darts-WM Historisches. Der Saarländer war früher Partner einer Möglinger Firma. Evolution Darts hat sich seit Anfang der 1990er-Jahre einen Namen für qualitativ hochwertige Pfeile gemacht. Qualität und schwäbische Bescheidenheit zeichnen den Betrieb aus.
Ich hätte nie gedacht, dass sich das alles mal so weit entwickelt“, sagt Bettina Klein. Sie ist Inhaberin von Evolution Darts in Möglingen. Die Firma besteht seit den 1990er-Jahren und stellt Dartpfeile her. Gründer war der 2021 verstorbene Roland Kühn. Anfangs wurde der Tüftler belächelt, weil er Ausrüstung für einen Sport herstellte, der damals in Deutschland bestenfalls als Kneipenzeitvertreib bekannt war. Ernsthaft wurde Darts damals vor allem in Großbritannien betrieben. „Es hieß immer die besten Pfeile werden in England gemacht“, erinnert sich Klein, die selbst eine erfolgreiche E-Dart-Spielerin war.
Kühn ließ sich aber nicht beirren und mit der Fachkenntnis als gelernter Dreher und hochwertigen Materialien setzte sich seine kleine Firma durch. Die hochwertigen Pfeile werden neben ambitionierten Hobbysportlern und Nachwuchstalenten auch von aufstrebenden Stars verwendet. Bestes Beispiel ist Gabriel Clemens. Der Saarländer sorgte bei der am Dienstag zu Ende gegangenen Weltmeisterschaft mit seinem Einzug ins Halbfinale für den größten Erfolg eines Deutschen bei dem wichtigsten Turnier der Darts-Szene. Bis vor ein paar Jahren spielte „Gaga“ – so sein Spitzname – noch mit Pfeilen aus Möglingen. „Aber irgendwann können wir dann mit den großen englischen Firmen was die Finanzen angeht nicht mehr mithalten“, sagt Klein. Deshalb war Evolution-Darts bei der WM nur über den Fernsehexperten Robert Marijanovic vertreten.
Die Weltspitze spielt weiterhin mit den Produkten englischer Firmen. Damit kann Klein aber gut leben. „Uns ist wichtig, dass alle Teile, die wir verwenden in Deutschland produziert werden. Das und der Qualitätsgedanke sind für uns wichtiger als das Anstreben von Massenproduktionen“, erklärt die Firmenchefin. Das sei auch im Sinne von Firmengründer Kühn.
In der Region genießen die Pfeile aus Möglingen einen ausgezeichneten Ruf. Neben Klein gehört Produktionsleiter Rainer Ruoff zum Zwei-Personen-Betrieb und der berichtet von dem großen Service-Gedanken, der hinter Evolution Darts: „Wer bei uns Pfeile in Auftrag gibt, wird umfassend beraten und darf selbstverständlich die verschiedene Varianten hier vor Ort ausprobieren.“
Im Empfangsbereich im Möglinger Gewerbegebiet an der A81 gibt es für solche Zwecke drei Dart-Boards, zwei für Steel-Darts und eins für E-Darts. Während die Profis in England bei den großen Turnieren ihre Steel-Darts auf eine Korkscheibe werfen ist im deutschen Amateurbereich der Automatensport E-Dart verbreiteter. „Das liegt wohl daran, dass es in den Kneipen diese Automaten gibt“, sagt Klein. Für beide Spielarten stellen die Möglinger Pfeile her. Der Unterschied liegt vor allem in der Spitze. Die ist beim E-Dart nämlich aus Plastik und beim Steeldart aus Stahl.
Beim Rundgang durch die Produktion sieht man, dass vieles automatisch läuft, dennoch gibt es eine Ecke für den Feinschliff. „Wir haben im Gegensatz zu den großen Herstellern die Möglichkeit individuell Hand anzulegen und das wird auch ganz oft gemacht“, sagt Klein. Viel Individualisierung passiert vor allem beim Mittelteil des Dart-Pfeils. Der Shaft ist der Teil, den die Spieler beim Werfen in den Händen halten und der das Gewicht bestimmt. „In letzter Zeit gibt es dort einen Trend hin zu farbigen Shafts“, erklärt Ruoff.
Wie viele Pfeile pro Jahr in Möglingen produziert werden will Klein nicht preisgeben, mit den Stückzahlen der englischen Firmen will sie aber gar nicht konkurrieren. Auch preislich könnten die, die Massenware herstellen schon Sets (Drei Dartpfeile) von 30 bis 50 Euro anbieten. Da liegen die Möglinger drüber.
Dennoch läuft das Geschäft gut, im Dezember ohnehin wegen der Darts-WM aber auch insgesamt durch die Darts-Entwicklung in Deutschland in den letzten Jahren. Die WM erreichte gute Einschaltquoten und es gibt immer mehr Hobbysportler. Die deutschen Profis kommen nun langsam in der Weltspitze an.
Dass der aktuelle Boom dazu führt, dass dauerhaft zu Nationen wie den Briten oder den Niederländern aufgeschlossen werden kann, glaubt Klein eher nicht: „In den Niederlanden gibt es eine richtige Jugendförderung, da gibt es Internate in denen Darts gespielt wird.“ Nicht umsonst standen sich im Finale der WM ein Holländer und ein Brite gegenüber.
In Deutschland sei eine solch breite Förderung nicht abzusehen, auch wenn Evolution Darts selbst die Jugend unterstützt. Klein berichtet von einem Verein unweit der Firmenzentrale in Ludwigsburg, der auch eine Jugendmannschaft betreibe und die wird von dem Pfeilehersteller unterstützt. Demnächst steht für die Nachwuchs-Darter sogar ein Besuch in der Möglinger Produktion an. Außerdem verrät Klein, dass sie erst kürzlich Besuch von einem talentierten Teenager aus Bayern hatten, den sie künftig auch unterstützen und ausrüsten werden. „Der fährt teilweise weite Strecken zu den Turnieren, da ist unsere Unterstützung für die Eltern schon wertvoll“, sagt die Möglinger Firmeninhaberin. Auch eine E-Darts-Mannschaft in der Bundesliga Süd-West, die „Neckarbomber“ werden von Evolution unterstützt. Stolz berichtet Klein vom anstehenden letzten Spieltag in Stuttgart-Mönchsfeld. Das Team steht schon jetzt als Meister seiner Liga fest.
Klein beobachtet die Szene und fördert weitere Spieler, wie einst Gabriel Clemens. Auch wenn der mittlerweile nicht mehr bei Evo unter Vertrag steht, hat sie nur Gutes über ihn zu berichten. Er gebe alles für seinen Traum und es tue gut, zu sehen, dass sich das nun auszahle.
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