Geschichte ist dazu bestimmt, sich zu wiederholen. So auch bei SAXON und DIAMOND HEAD, die nach viereinhalb Jahren wieder gemeinsam ins Hannovaraner Capitol kommen, wieder unter ähnlichen Vorzeichen: Denn die NWoBHM-Legende spult ihr Best-Of-Set ab, während SAXON (Höhö) ein neues Album bewerben. Als diese Tour im Februar angekündigt wurde, war kaum anzunehmen, dass sie tatsächlich stattfinden würde. Acht Monate später, wo die beiden Bands nun tatsächlich ihre fast zweimonatige Reise durch Europa antreten, scheint die Inflation die größere Sorge für den Konzertbetrieb als Corona zu sein. Doch jene Unsicherheit lässt sich beim vierten Stopp nicht spüren. Den engen Bürgersteig vor der altehrwürdigen Location nehmen Metaller:innen ein, die Platz in den Bierregalen der umliegenden Kioske und Supermärkte schaffen. Und auch obwohl die Veranstaltungsstätte nicht ausverkauft war, war sie alles andere als leer.
So ist es wenig überraschend um 20 Uhr auch schon gut gefüllt, als DIAMOND HEAD zu den Klängen von Gustav Holsts „Mars, The Bringer Of War“ die Bühne enterten. Der Bewegungsradius der Briten war äußerst eingeengt durch das Schlagzeug und den Verstärkern des Quintetts, die vor der Backline des Headliners stand. Doch dank der professionell durchchoreografierten Show kamen die Musiker sich nicht in die Quere. Fixpunkt war vor allem der Sänger Rasmus Andersen, welcher die Show durch seine Energie angetrieben hat. Dasselbe gilt auch für den Drummer Karl Wilcox, bei dem sich zwar einige Ungenauigkeiten einschlichen, der aber nicht weniger Leidenschaft einbrachte. Für Staunen sorgten die Fingerfertigkeiten von Brian Tatler, der dem jüngeren Rest der Band in nichts nachsteht.
Die Setlist konzentrierte sich auf „Lightning To The Nations“, was die Show vorhersehbar machte, aber dadurch gerechtfertigt ist, dass etwa „The Messenger“ vom jüngsten Album „Coffin Train“, im übrigen die einzige Veränderung zur Tour vor vier Jahren, ziemlich kraftlos ist und die Stimmung bei den drei neueren Songsverhalten war. Ihr 45-minütiges Set beendete die Gruppe mit einer eigenen Interpretation des METALLICA-Geheimtipps „Am I Evil“. Der Song lässt den Auftritt auf einer feierlichen Note enden, klar. Dennoch sind auf „Lightning To The Nations“ genug gute Songs, so dass die Gruppe lieber noch eine Eigenkomposition hätte spielen können.
Setlist:
1. The Prince
2. Bones
3. The Messenger
4. In The Heat Of The Night
5. Lightning To The Nations
6. It’s Electric
7. Helpless
8. Am I Evil
Obwohl in der Umbaupause Platz für SAXON geschaffen wird, reichte er nicht. Genauer gesagt die Höhe reichte nicht, denn vom Backdrop konnte man nur „Seize the day“ lesen, während das Bandlogo schon vom Drumset verdeckt wurde. Aber das war nebensächlich für die Performance der Band, denn der Fokus lag klar auf Biff Byford. Daran etwas zu ändern, wäre seltsam, angesichts der Entertainerqualitäten des 71-jährigen. Neben seinen launigen Ansagen waren es vor allem sein Tatendrang und der stets eingeschaltete Ventilator, die ihn zur optischen Attraktion des Abends machten. Sein Alter ist ihm trotz seiner bemerkenswerten Performance anzuhören, etwa wenn seine Stimme bei hohen Passagen kratzig klingt.
Die Setlist war sehr wohltuend. Anstatt alle erwarteten Hits zu spielen, haben die Angelsachsen ihr Set durchgemischt. So fanden nicht nur sieben Songs des neuen Albums „Carpe Diem“ den Weg in die Setlist, sondern auch noch vier weitere Songs, die nach dem goldenen Zeitalter des Heavy Metals erschienen sind. Dafür fehlten Klassiker wie „Motorcycle Man“, Strong Arm Of The Law“ oder „Crusader“. Ein erfrischender Tausch. Natürlich wurden die Hits vom Publikum stärker goutiert als die Seltenheiten, dennoch gelang es ihnen den Spannungsbogen an dem Abend aufrecht zu halten.
Setlist:
1. Carpe Diem
2. Sacrifice
3. Age Of Steam
4. I’ve Got To Rock (To Stay Alive)
5. Dambusters
6. The Thin Red Line
7. Living On The Limit
8. Dallas 1 pm
9. Heavy Metal Thunder
10. Broken Heroes
11. Black Is The Night
12. Metalhead
13. Remember The Fallen
14. Wheels Of Steel
Erste Zugabe:
15. The Pilgrimage
16. 747 (Strangers In The Night)
Zweite Zugabe:
17. Denim And Leather
18. Princess Of The Night
Als Erkenntnis lässt sich festhalten, wie unterschiedlich der Erfolg von Bands sein kann, die ihr klassisches Werk zur gleichen Zeit hatten: SAXON waren im richtigen Moment im richtigen geschäftlichen Umfeld und konnten dadurch ohne Unterbrechung bei einer vergleichweise hohen Aufmerksamkeit Musik machen. DIAMOND HEAD war das versagt. Sie brauchten das Glück, in Lars Ulrich und James Hetfield die richtigen Fans zu haben, die sie nochmal pushen konnten, um so noch zur späten verdienten Anerkennung zu kommen. Doch die kann über die Limitierungen ihres Handlungsspielraums nicht hinwegtäuschen. Während die Gruppe um Byford es mit einem neuen gelungenen Album auf den dritten Platz der Charts schafft, drehen sich ihre Labelkollegen mit einer Neueinspielung und einer remasterten Version ihres Klassikers „Lightning To The Nations“ im Kreis.
Redakteur mit Vorliebe für Hard Rock, Heavy Metal und Thrash Metal
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 35271 Reviews und lass Dich inspirieren!
Sag Deine Meinung!
Also ihr wisst schon, dass Am i Evil von Diamond Head selbst geschrieben wurde…..?
Wenn es im Thrash Metal um Dunkelheit geht, hat “Hell Awaits” von SLAYER eine Pionierrolle.
Endlich ist es soweit, Türchen Nummer 24! Heute ist der Tag gekommen, an dem wir einem wirklich einflussreichen Menschen gedenken wollen:
2022 neigt sich dem Ende zu: Grund genug, um in unserem Weihnachtscountdown auf die 50 besten Alben des Jahres zurückzublicken.