am 28. Juli 2022
Steel Dynamics (SDI) baut das erste Aluminiumwerk in Nordamerika seit 40 Jahren. Die Nachfrage nach dem vergleichsweise umweltfreundlichen und gut recycelbaren Metall ist hoch und wächst unter anderem in der Automobilindustrie. Hohe Energiepreise belasten die Branche jedoch sehr und verhindern, dass sich ein jahrzehntelanger Abwärtstrend rasch umkehrt.
Steel Dynamics (WKN: 903772, ISIN: US8581191009) hat den Bau des ersten nordamerikanischen Aluminiumwalzwerks mit 40 Jahren bekannt gegeben. Wie das Unternehmen mitteilte, werden 2,2 Milliarden USD in drei Anlagen investiert. Dabei handelt es sich um einen Walzwerk im Südosten der USA sowie zwei weitere, abgelegene Standorte zur Versorgung des Werks mit hauseigenem Aluminiumschrott.
Wie SDI weiter bekannt gab, sollen pro Jahr 640.000 t flachgewalztes Aluminium produziert werden – und zwar ab dem ersten Quartal 2025 und mit einer CO2-emissionsarmen Produktionsweise. SDI ist einer der größten Stahlproduzenten und der größte Nicht-Eisen-Recycler der USA.
Mark Millett, Vorsitzender, Präsident, Geschäftsführer und Mitbegründer von SDI, zeigte sich zuversichtlich, mit dem Projekt „wieder einmal eine Branche zu revolutionieren“. Das Unternehmen habe es mit Stahl gemacht und werde „es nun mit Aluminium wieder tun“.
SDIs Einstieg in das Aluminiumsegment hat auch einen strategischen Hintergrund. Das Unternehmen plant, Getränkedosenkunden zu beliefern. Damit stellt die Investition aus Sicht von SDI ein Stück weit eine Diversifikation des Stahlportfolios dar.
Steel Dynamics bediene nun die „wachsende nordamerikanische Industrie für nachhaltige Getränkedosen mit deren antizyklischen Eigenschaften“, konstatierte das Unternehmen kürzlich in einer Mitteilung.
Der größte Teil der Produktion wird demnach auf diesen Bereich entfallen. Doch auch Kunden aus anderen Bereichen werden mit SDI Aluminium beliefert – etwa die Automobilindustrie. 45 % der Produktion sollen demnach für Getränkedosen, 35 % für Autos und 20 % in anderen Bereichen eingesetzt werden.
Das Angebot an Aluminium in Nordamerika reicht langfristig nicht aus. Ein Grund dafür ist der Trend hin zu Elektrofahrzeugen, bei deren Bau Stahl immer häufiger durch das leichtere Metall Aluminium substituiert wird.
Laut einer Studie von Ducker Frontier, einem Forschungsunternehmen mit Sitz in Washington, D.C., unter Federführung der Aluminium Association, ist Aluminium das Material mit der am stärksten wachsenden Nachfrage im Automobilbereich.
SDI schätzt das nordamerikanische Defizit an flachgewalztem Aluminium auf mehr als 2 Millionen t. Das Defizit wird derzeit durch Importe ausgeglichen. 2021 machten diese mehr als ein Viertel des nordamerikanischen Verbrauchs aus.
Steigende Nachfrage aus der Automobilindustrie, wachsende Anforderungen an Nachhaltigkeit: Steht die Aluminiumproduktion in westlichen Ländern vor einem Comeback? Dagegen sprechen die hohen Energiepreise.
Wie das Rohstoffportal Fastmarkets kürzlich konstatierte, werden Kapazitäten in der Aluminiumindustrie zurückgefahren, wenn die Energiepreise steigen. Die letzten Jahrzehnte waren von einem drastischen Kapazitätsabbau gekennzeichnet.
1973 wurden weltweit noch 12 Millionen t Aluminium produziert. Der Großteil davon (5,03 Millionen t) entfiel auf nordamerikanische Produktion. In China, dem Nahen Osten und in Russland wurde damals kein Aluminium produziert.
2021 ist eine andere Welt: Die weltweite Produktion ist auf 67,2 Millionen t angestiegen. 39 Millionen t Jahresproduktion entfallen auf China. In Nordamerika wurden lediglich 3,8 Millionen t produziert, und dies trotz der Entwicklung wasserkraftbasierter (und damit kostengünstiger) Kapazitäten in Kanada mit mehr als 3,0 Millionen t jährlicher Produktion.
Russland produzierte 4 Millionen t, der Nahe Osten 5,9 Millionen t. Die letzte in den USA gebaute Aluminiumhütte wurde 1980 errichtet und produziert derzeit knapp 230.000 t pro Jahr.
Die Herstellung von Aluminium ist energieintensiv. Regionen mit günstiger Energieversorgung sind deshalb im strategischen Vorteil. Steigende Energiepreise führten in den letzten Jahrzehnten immer wieder zum Rückbau der Kapazitäten in westlichen Ländern.
Dabei lässt sich häufig beobachten, dass gerade moderne Aluminiumhütten ihren Betrieb zunächst herunterfahren um dann beim nächsten Energiepreiszyklus gänzlich zu schließen.
Das in den USA zu beobachtende Muster ist auch in Europa erkennbar. So schätzt der Industrieverband European Aluminium, das allein im letzten Jahr Kapazitäten von 900.000 t aufgrund steigender Energiekosten stillgelegt wurden.
Die aktuell hohen Energiepreise in Europa könnten diese Kapazitäten dauerhaft aus dem Markt drängen. Gekürzt wurde unter anderem in den Niederlanden durch Adel, in Deutschland von Trimet, in Spanien von Alcoa, in Rumänien von Alro, in der Slowakei von Slovalco und in Frankreich von Aluminium Dunkerque.
Ein Problem von vielen Aluminiumhütten in Europa und den USA war die massive Ausweitung der Produktion in China – die zum Teil aus politischen Gründen auch defizitäre Anlagen in Kauf nahm.
Allmählich setzt im Westen ein politisches Umdenken ein – das zum Beispiel in Form höherer Zölle auf Aluminium aus China auch die heimische Produktion wieder begünstigen könnte. Am Problem der hohen Energiepreise ändert dies jedoch wenig.
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