Was haben die Schauspielerinnen Drew Barrymore, Gwyneth Paltrow und der Regisseur Adam McKay (Don’t Look Up) gemeinsam? Ihnen allen haben eigenen Aussagen zufolge die Methoden des US-Psychotherapeuten Phil Stutz geholfen. Der (Co-)Autor mehrerer Selbsthilfebücher ist so etwas wie der Therapeut Hollywoods, denn neben den genannten gehören noch zahlreiche andere in der Unterhaltungsindustrie von Los Angeles Tätige entweder zu seinen Patienten oder lesen zumindest seine Bücher. Darunter auch der Schauspieler Jonah Hill (Die Kunst zu gewinnen – Moneyball), der schon seit Jahren zu Stutz’ Patienten zählt und von dessen Methoden und Werkzeugen offenbar so begeistert ist, dass er sie nun in einem Film festhalten und so möglichst vielen Leuten zugänglich machen will. Der so entstandene Film Stutz besteht aus einer Reihe von Gesprächen zwischen Jonah Hill und Phil Stutz, die mal als Interview, mal als Therapiestunde daherkommen.
Zu Beginn erläutert Stutz, dass sich seine Methode im Umgang mit Patienten von dem früher vorherrschenden Modell dadurch unterscheidet, dass er als Therapeut eine aktivere Rolle einnimmt. Er sagt seinen Patienten schon mal, was sie zu tun haben, so dass diese dann auch wirklich positive Veränderungen in ihrem Leben spüren. Zentrales Element seiner Therapie sind eine Reihe von „Werkzeugen“, deren Anwendung erlernt werden kann und die unter anderem das Ziel haben, dem Patienten wieder mehr Kontrolle über sich und sein Leben zu geben.
Diese Werkzeuge geht der Film der Reihe nach durch. Stutz erklärt ihre Relevanz und wie man sie im Alltag einsetzt. Die Erklärungen klingen fast immer interessant und plausibel, fallen allerdings stets relativ kurz aus und ermutigen so dazu, sich Stutz‘ Buch The Tools zuzulegen, um alles noch einmal im Detail nachzulesen. Zynisch formuliert könnte man Stutz also als langen Werbefilm fürs Buch bezeichnen. Wer will, kann natürlich den Film nach jeder einzelnen Lektion pausieren, innehalten und über das Erläuterte nachdenken, um es dann selbst im Alltag umzusetzen. So detailliert wie ein Buch kann der Film aber an keiner Stelle sein. Wer also bereits an Stutz‘ Methoden interessiert ist, tut besser daran, gleich eines seiner Bücher zu lesen. Für all diejenigen, die von Phil Stutz und seinen Methoden bisher kaum etwas gehört haben, gibt der Film jedoch einen guten Überblick.
Darüber hinaus erfährt man zumindest ein wenig Persönliches über Stutz selbst. So erzählt er etwa, dass er schon als Kind nach dem frühen Tod seines jüngeren Bruders quasi zum Therapeuten für seine ganze Familie werden musste. Auch über die Konsequenzen seiner Parkinsonerkrankung berichtet er offen. Richtig interessant wird die Dokumentation im Mittelteil, als Jonah Hill die Arbeiten am Film selbst zum Thema macht. Er gibt zu, dass ihn Selbstzweifel plagen, dass die Arbeit an der Dokumentation schlecht läuft und es ihm schwerfällt, dies gegenüber seinem Therapeuten anzusprechen, der ja das Thema der Dokumentation ist. An dieser Stelle dekonstruiert sich der Film selbst, was allein schon deswegen bemerkenswert ist, weil Hill sein eigenes (befürchtetes) Scheitern thematisiert und sich damit nicht als unfehlbarer Superstar inszeniert. Er macht den Film zum Thema im Therapiegespräch, welches ja selbst Thema des Films ist.
Nach dieser Zäsur geht der Film etwas anders weiter, an der grundlegenden Struktur der Einteilung in jeweils ein „Werkzeug“ beschreibende Kapitel wird aber nicht gerüttelt. Mehr und mehr stellt sich Jonah Hill allerdings selbst in den Mittelpunkt. Er beschreibt seine eigenen Unsicherheiten und Probleme und holt schließlich sogar seine Mutter zum Gespräch dazu. Dieser Fokus auf Hills eigene Persönlichkeit tut dem Film nicht gut; gleiches gilt für die Szenen, in denen Hill kurz darauf den Spieß umdreht und unbedingt persönliche Informationen aus seinem eigenen Therapeuten herausquetschen will. Obwohl er kein Psychotherapeut ist, versucht sich Hill hier als einer und möchte Stutz unbedingt ein paar Offenbarungen zu dessen Verhältnis zu Frauen abringen. Als Zuschauer fühlt man sich dabei aber eher peinlich berührt und mit wenig Erkenntnisgewinn zurückgelassen.
Von diesen überflüssigen Ausreißern abgesehen gelingt es Jonah Hill aber, den bislang nicht mit Stutz‘ Gedanken in Berührung gekommenen Zuschauern einen ersten Überblick über dessen Methoden und Therapieansätze zu geben. Die Hauptaussage des Films lässt sich darauf herunterbrechen, dass wir trotz aller Hürden, die uns das Leben in den Weg legt, immer weiter machen und nicht aufgeben dürfen. Das ist keine überraschend neue Erkenntnis, aber einen ersten Überblick über die Werkzeuge, die einem auf diesem Lebensweg helfen können, erhält man hier zumindest.
OT: „Stutz“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Jonah Hill
Musik: Emile Mosseri
Kamera: Christopher Blauvelt
Mitwirkende: Jonah Hill, Phil Stutz
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Jonah Hill
Lieber Maximilian,
deine Kritik bildet deine persönliche Empfindung beim Sehen so direkt ab, da habe Ich mich wiederum etwas peinlich berührt gefühlt 😅
Weil, mich wuerde mehr interessieren, was hat bewegt, und weniger Bewertung.. aber ja bin noch sehr im Thema 😅
Für mich war es eine sehr ehrliche und kuenstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Therapie und Selbstbewusstsein, auch kulturell – europäisch Vers. Amerikanisch – sehr bereichernd und Aufschlussreich!
Ich habe den Film genossen wie selten eine Netflix Doku, viel gelacht und viel zurück gespult (wer kann, der kann 😉
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