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Das ist ja mal ein Intro. Erst mal ist zu hören: nichts. Nach ein paar Sekunden sickert ein nicht so ganz definierbares Geräusch aus den Boxen: Meereswellen? Nein, Motorengeräusche sind es. Ein näherkommendes Auto ist zu hören, es wird lauter und lauter, dann bleibt es auf einem Kieselboden stehen. Die Tür geht auf. Schritte. Aus einem Haus ist Musik zu hören. Dumpf. Dann irgendetwas Perkussives – bis schließlich eine Gitarrensalve das hörspielmäßige Intro beendet und den Song-Opener “Out of the Blue” einläutet: Hart, wuchtig, rhythmisch akzentuiert und so sehr im guten, alten Southern Rock verankert, dass man glauben könnte, man habe eine alte Lynyrd Skynyrd-CD eingelegt.
Ganz klar, der Band aus Nashville, Tennessee, ist mit diesem CD-Einstieg ein echter Überraschungseffekt gelungen. Weniger überraschend ist es, dass The Steel Woods auf “All of Your Stones” auf Southern Rock-Pfaden wandern. Schließlich hat die im Jahr 2016 gegründete Band auch schon auf ihren zwei Vorgänger-Alben “Straw in the Wind” (2017) und “Old News” (2019) den musikalischen Faden der erwähnten Lynyrd Skynyrd, aber auch von The Allman Brothers Band, Molly Hatchet, Cody Jinks oder von Blackberry Smoke aufgenommen, um ihn mit Country-Garn zu veredeln. “Ich bin mit Willie Nelson, Waylon Jennings und mit Led Zeppelin aufgewachsen”, sagte in einem Interview Gründungsmitglied und Gitarrist Jason “Rowdy” Cope.
Unter diesen Vorzeichen ist “All of Your Stones” nicht nur das bisher stärkste Album von The Steel Woods, es ist auch das musikalische Vermächtnis ihres Gitarristen und Songschreibers. Wie wichtig der Mann für den Sound der Band war, zeigt sich in einigen Tracks: In dem erwähnten Opener “Out of the Blue”, den er gemeinsam mit Aaron Raitiere geschrieben hat. Und vor allem im Titeltrack “All of Your Stones”, der gleichzeitig das Album großartig beendet. Die Credits für diesen, im Dreiviertel-Takt gehalten Country-Southern-Rocker teilen sich Cope, Bayliss und – man kennt sich, man schätzt sich – Jamey Johnson. Wer sich eine Mischung aus Waylon Jennings und Lynyrd Skynyrd vorstellen kann, bekommt eine Ahnung von diesem knapp fünfminütigen, mit zweistimmigen Gitarren-Soli ausgestatteten Song-Kracher.
Tja, immer wieder Lynyrd Skynyrd. Die Kultband um die Van Zandt-Brüder darf sich mit “All of Your Stones” wirklich gebauchpinselt fühlen. Am deutlichsten wird diese sehr persönliche und dazu höchst originelle Heldenverehrung in einem – richtig! – Lynyrd-Skynyrd-Cover. Natürlich haben sich Cope, Bayliss und Co. nicht einen ihrer Evergreens wie “Free Bird” oder gar “Sweet Home Alabama” zur Brust genommen, sondern einen Song aus der zweiten Repertoire-Reihe: “I Need You” aus den Anfangstagen der Band. Bei dieser schwerblütigen, erneut im Drei-Viertel-Takt gehaltenen Southern-Rock-Ballade bekommt Bayliss gesangliche Unterstützung von Ashley Monroe. Ein vokaler Paarlauf, der es in sich hat – und von dem man gerne mehr hören würde. Denn die ruppige Reißnagelstimme von Bayliss harmoniert exzellent mit Monroes bluesiger Country-Stimme. Klarer Fall: ein Highlight der CD!
Ein weiteres setzt die im superlangsamen Sechs-Achtel-Groove angelegte Ballade “Aiming For You”. Im Zeitlupentempo laufen The Steel Woods hier zur Höchstform auf. So kraftvoll wie gefühlvoll. Das gilt auch für die weiteren Power-Balladen “You Never Came Home” und “Baby Slow Down”. Aber die Band aus Nashville kann auch anders. Sie hat auch akustische Töne im Repertoire, wie sie in dem Country-Folk von “Ole Pal” und in dem zunächst versonnenen, später beherzt rockenden Track “Run On Ahead” beweisen.
Fazit: Wer schon immer ein Fan von Lynyrd Skynyrd war, wird auch “All of Your Stones” von The Steel Woods lieben – herzhafter, grundehrlicher Southern Rock mit Country-Touch.